"Nie wieder" ist eine Verpflichtung - Gedenken am Volkstrauertag

Veröffentlicht am Sonntag, 17. November 2024
OB Udo Glatthaar bei seiner Rede anlässlich des Volkstrauertages 2024.
OB Udo Glatthaar bei seiner Rede anlässlich des Volkstrauertages 2024.

Am Sonntag, 17. November, fand auf dem Alten Friedhof in Bad Mergentheim die zentrale Gedenkveranstaltung anlässlich des Volkstrauertages statt. Die Gedenkansprache zum Volkstrauertag hielt in diesem Jahr Oberbürgermeister Udo Glatthaar. Die Reservistenkameradschaft Bad Mergentheim, der VdK, die Historische Deutschorden-Compagnie zu Mergentheim und Vertreter der örtlichen Kirchengemeinden wirkten bei der Gestaltung der Gedenkfeier mit. Nachfolgend dokumentieren wir die Rede von OB Udo Glatthaar in Auszügen.

"Heute, am zweiten Sonntag im November, am Volkstrauertag, versammeln wir uns wie jedes Jahr, um gemeinsam der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft aller Nationen zu gedenken. Wir gedenken derer, die verfolgt, gedemütigt, misshandelt und getötet wurden, und erinnern uns an die Schrecken, die diese Taten verursacht haben.

Wir erinnern an Millionen Tote und sinnloses Leid, wie jedes Jahr, am zweiten Sonntag im November! November! Novemberabend vor einem Jahr! Ich erinnere mich an einen kalten Novemberabend vor einem Jahr in Lviv, hier auch bekannt als Lemberg (in der Ukraine).

In einer stillen, kalten Abendstunde stand ich auf dem Marsfeld-Friedhof, auf dem die gefallenen Soldaten aus Lemberg bestattet sind, umgeben von den frischausgehobenen Gräbern. Es waren wohl 1000 Gräber. Ein Meer aus blau-gelben Fahnen, Kerzen, Blumen und Fotos von Soldaten, von jungen Frauen und Männern! Der Anblick war überwältigend und hinterließ ein tiefes, schmerzliches Gefühl. Jedes Grab, jede Fahne erzählte die Geschichte eines Lebens, das viel zu früh beendet wurde. Es waren nicht nur Namen, sondern Träume, Hoffnungen und die Liebe von Menschen, jungen Menschen die für ihr Land gekämpft haben.

Im Jahr 2024 leiden zahlreiche Regionen der Welt unter anhaltenden Konflikten, darunter Israel, Gaza, Ukraine, Syrien und Afghanistan. Insgesamt die Hälfte der weltweiten Gewaltkonflikte werden in Sub-Sahara Afrika (Sudan, Tigray, Tschad) ausgetragen. Freiheit und Frieden sind keine Selbstverständlichkeit, daran erinnert uns jedes Jahr nicht nur der Volkstrauertag, sondern die täglichen Nachrichten. Und welche Zumutung, welche innere Zerrissenheit empfinden wir angesichts all der Toten, wenn wir den Wunsch nach „Nie wieder“ äußern?

Dieser Tag ist nicht nur eine Mahnung an unsere Geschichte. Nein, es geht schon lange nicht mehr um die Anklage: Deutschland ist ewig schuld! Sondern ein ständiger Aufruf, die Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen und dafür zu sorgen, dass sich solches Unrecht nicht wiederholt. Und welche Lehren ziehen wir daraus? Was können wir tun? Unsere gegenwärtige Stimmungslage ist doch von einem Gefühl der Ohnmacht und Hilflosigkeit geprägt.

Ein zentrales Anliegen dieses Tages war es immer, die Erinnerung wach zu halten - nicht nur an die Schrecken der Vergangenheit, sondern auch an die Verantwortung, die wir für Gegenwart und Zukunft tragen. „Nie wieder“ ist nicht lediglich ein Lippenbekenntnis, keine leere Phrase, sondern eine Verpflichtung, die wir eingehen müssen. Es bedeutet, dem Hass, der Intoleranz, dem Antisemitismus, dem Rassismus, der Fremdenfeindlichkeit und dem Extremismus entschieden entgegenzutreten. In einer Zeit, in der Vorurteile und Ressentiments wieder wachsen, müssen wir aktiv für die Wahrheit, für die Zivilcourage und die Menschlichkeit eintreten. Wir müssen eine Gesellschaft auf der Grundlage von Respekt, Vielfalt und Verständnis fördern.

In diesem Sinne rufe ich uns alle auf, mutig und entschlossen für eine Welt einzutreten, in der Hass und Gewalt keinen Platz haben. Lassen Sie uns heute und jeden Tag für humanen, freiheitlichen, demokratischen, ethischen und ich sage hier bewusst auch christlichen Werte kämpfen, die uns verbinden und die unsere Gesellschaft stark gemacht haben. Damit auch unsere Kinder und Enkelkinder in Sicherheit und Frieden leben."